Das sogenannte Reichsbürger-Verfahren hält vermutlich noch einige Überraschungen bereit. Denn die Anwälte der Angeklagten stehen vor einem Dilemma: Wie verteidigt man jemanden, der sich so tief in gefährlichen Verschwörungsmythen, Angst und abstrusen Heilsideen verfangen hat? Man verharmlost – das jedenfalls scheint die augenblickliche Antwort zu sein.
Dass die Anwälte eines Angeklagten ausgerechnet seine an einer Waldorfschule verbrachte Schulzeit heranziehen, um dessen Harmlosigkeit zu beweisen, führt nun immerhin dazu, dass der Spiegel das lange Jahre falsch zitierte Ergebnis einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen nun in einer knappen Headline zusammenfasst: Waldorfschüler prügeln sich demzufolge noch nicht mal im Suff. So lautete übrigens auch das Ergebnis der umfangreichen Studie unter Jugendlichen: An Waldorfschulen herrscht im Schulformenvergleich die geringste Bereitschaft zu Gewalt (s. Christian Pfeiffer, Fake News über Waldorfschulen, Info3, 2023).
Scherz beiseite. Am treffendsten drückt es Julia Jüttner im Artikel aus: „Beim Versuch, seinen Mandanten in einem harmlosen Licht dastehen zu lassen, verliert sich der Anwalt in sinnfreier Polemik.“
Zum Artikel (Paywall): https://www.spiegel.de/panorama/justiz/reichsbuerger-so-lief-tag-zwei-im-dritten-reichsbuerger-prozess-a-60bc7c54-0223-455c-917a-6900d17ff7d0